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Appell zum Erhalt der Kühlhäuser |
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extern: Kühlhäuser Madrid umgebaut |
Je mehr Deutschland zum Industriestaat wurde, je weniger ein direkter persönlicher Verkehr zwischen Erzeuger und Verbraucher, also in diesem Fall zwischen Landwirt und Städter, möglich wurde, um so schwieriger gestaltete sich die Versorgung der Großstädte und Fabrikzentren, in denen sich übermäßig viel Menschen zusammenfanden, mit Lebensmitteln.
Zumal im Sommer entstanden unhaltsame Zustände.
In den Markthallen, auf den Viehhöfen verdarben große Mengen Fleisch.
Schon der Transport geschlachteter Ware war ständig gewaltigen Verlusten ausgesetzt.
Da setzte die Kälteindustrie ein. Warum sollte es nicht möglich sein, ebenso, wie man Häuser mit zentraler Erwärmung vorsah, große Räume dauernd kalt zu erhalten?
In der Annahme, daß es manchen meiner Leser interessieren wird, einiges über den Entwicklungsgang der Erzeugung künstlicher Kälte zu erfahren, will ich in großen Umrissen ein kleines Bild davon geben.
Unsere Vorfahren erkannten schon die Notwendigkeit, die den momentanen Verbrauch übersteigenden Mengen an Lebens- und Genußmitteln für spätere Zeit und vor dem Verderben geschützt aufzubewahren. Sie fanden bald, daß bei Aufbewahrungen in kühlen und gegen Tageslicht geschützten Räumen insbesondere leicht verderbliche Vorräte längere Zeit verwendungsfähig erhalten werden können. Deshalb benutzte man für diesen Zweck zunächst natürliche Erd- oder Felshöhlen, und erst später mit der zunehmenden Seßhaftigkeit wurden unter den errichteten festen Wohnstätten besonders Unterkellerungen hierfür angelegt.
Die Entdeckung, daß bei Verdunstung von Flüssigkeiten an der äußeren Fläche von Gefäßen die Temperatur des Inhaltes wesentlich herabgemindert wird, führte dazu, Trinkwassergefäße aus feinporösen, unglasiertem Ton zu brennen, so daß das Wasser langsam an die Außenflächen durchsickern konnte und durch Verdunstung den Wasserinhalt im Kruge kühl erhielt. Derartige Tonkrüge findet man heutzutage in den südlichen Ländern noch vielfach in Benutzung.
Die Methode, durch Verdunsten von Flüssigkeit größere Wärmemengen abzuführen und damit Kälte zu erzeugen, ist in der Folge durch die Technik zu ihrem heutigen Stande vervollkommnet worden, und wird in den modernen Kälteanlagen der Verdunstungsprozeß durch Verwendung von Kompressionsmaschinen und Wärmeaustauschern, Kondensatoren usw. beschleunigt.
Die modernen großen Kälteanlagen arbeiten ausnahmslos mit entsprechend großen Kompressoren, in denen Ammoniak, Kohlensäure oder schweflige Säure, sämtlich wasserfrei nach ihrer Verdampfung in einem Röhrensystem, dem sogenannten Verdampfer, angesaugt, verdichtet und in einem zweiten Röhrensystem, dem Kondensator, durch Wasserkühlung verflüssigt werden, um schließlich über ein Regulierventil, zur Abdrosselung der Druckdifferenz wieder in den Verdampfer überzutreten. Dieser Arbeitsvorgang wiederholt sich nun im ununterbrochenen Kreislauf, solange der Kompressor im Betriebe gehalten wird.
Die nachstehende schematische Figur zeigt den Zusammenhang der Hauptapparate der Kompressions-Kältemaschinenanlage. Der Kompressor P ist im wesentlichen eine mit selbsttätigen Ventilen versehene Luftpumpe und dient zur Verdichtung des dampfförmigen, angesaugten Kälteträgers. Die Saugventile sind mit S1, S2, die Druckventile mit D1, D2 bezeichnet.
Vom Kompressor führt eine gemeinsame Druckleitung C in den Kondensator K und ist dort an eine Spezialrohrsystem angeschlossen, welches vom Kühlwasser, bei A eintretend und bei B auslaufend, umspült wird. Das Kühlwasser wird durch eine besondere Pumpe aus einem Brunnen fortlaufend herbeigeschafft. Im Kondensator werden die verdichteten Kälteträgerdämpfe verflüssigt und treten über das Regulierventil R in das Spiralrohrsystem des Verdampfers V, welcher in seiner Bauart im übrigen genau dem des Verdampfers entspricht. Der Verdampfer enthält eine das Rohrsystem umspülende und schwer gefrierbare Salzlösung, welche bei E ein- und bei F austritt. Diese Salzlösung wird, nachdem sie im Verdampfer herabgekühlt worden ist, durch besondere Pumpen den Eisgeneratoren zur Kunsteiserzeugung oder den Luftkühlern in den Kühlräumen kontinuierlich zugeleitet und kehrt erwärmt in den Verdampfer zurück. Der im Verdampfer in Dampfform übergegangene Kälteträger strömt durch die Saugleitung G dem Kompressor zu, um den Kreislauf wieder zu beginnen.
Die Luftkühlapparate in den Kühlräumen bestehen meist aus einem von der kalten Solelösung durchflossenen Röhrensystem, welches in einem geschlossenen Gehäuse eingebaut ist. Ein Ventilator fördert die darin abgekühlte Luft durch die den ganzen Kühlraum durchziehenden Saug- und Druckkanäle, im steten Kreislauf den Luftkühler passierend, so daß die eingelagerten Waren fortwährend von einem kalten und keimfreien Luftstrom umspült werden.
Die Bevölkerungszunahme in den Städten stellte die mit der Lebensmittelversorgung beschäftigten Kreise vor die Aufgabe, stets genügende Mengen, unabhängig von der Erzeugung und Zufuhr, sowie in hygienisch einwandfreier Beschaffenheit zur Überleitung an die Verbraucher bereitzuhalten. Diese natürliche Entwicklung der Siedlungen verlangte gebieterisch die Errichtung von Großkühlanlagen und Kühlhäusern, und ist es erst dadurch möglich geworden, durch die Stapelung der Produkte in den Zeiten des Überflusses auf den Märkten die Befriedigung des täglichen Verbrauchs auch nach Aufhören der starken Zufuhren sicherzustellen. Ein nicht zu unterschätzender Nutzen für die Konsumenten war auch die Folge dieses Verfahrens, indem es preisregulierend sich auswirkte und einer periodischen Warenknappheit und damit einer Preissteigerung bei Nachlassen der Zufuhren vorgebeugt werden konnte.
Da einem bekannten Ausspruch zufolge "alles schon einmal dagewesen ist", erinnert die moderne Lagertechnik stark an das unbewußt benutzte Vorbild in einer Schrift, "von den sieben fetten und den sieben mageren Kühen in Ägypten".
Wenn man frühere Erzählungen liest, wiederholte sich immer wieder der Proviantmangel. Der Skorbut, die größte Gefahr des Seefahrers, stellte sich unbedingt ein, sobald die Mannschaft nur auf Salzfleisch, die damals einzige Form der Konservierung, angewiesen war. Auch die großen Passagierdampfer mußten auf dem Vordeck in Stallung lebende Schweine und Hühner mitführen und in jeden Hafen ihre Vorräte ergänzen.
Heut besitzt jeder solche Dampfer einen großen Gefrierraum und alles, was beispielsweise für eine zweimonatliche Reise nach Brasilien hin und zurück gebraucht wird, nimmt man im Ausgangshafen an Bord und hat bis zur Heimkehr alles in Hülle und Fülle in bester Verfassung. Sogar das Speiseeis wird in großen Blöcken mitgenommen.
So ist also diese Kälteindustrie, der ich mit raschem Blick ihre Bedeutung erkennend, mein ganzes Leben gewidmet habe und in der ich noch manches zu leisten hoffe, nicht nur zu einem wichtigen Faktor, sondern zum Wohltäter der ganzen Menschheit geworden, und ein Gang durch eine solche Anlage bereitet nicht nur Freude, sondern gibt auch einen Einblick in den modernen Welthandel.
Auch die Gesellschaft für Markt- und Kühlhallen, der ich damals angehörte, war ein solcher Betrieb, wenn auch damals natürlich noch nicht in solcher Vollendung wie etwa heut das Kühlhaus Zentrum, das mir jetzt untersteht.
Im allgemeinen Verlief mein Leben in diesen Jahren ohne große Überraschungen. Allerdings war alles auf energische, amerikanische Arbeit eingestellt, die Zeiten mussten genützt werden. Neben dem Kühlhausgeschäft der Eisverkauf! Es mußte vorausgesehen werden, daß auch bei unerwartet einsetzender Hitze immer genügend Vorrat für den gesteigerten Bedarf da war! Andererseits lag es mir ob, alles zu kontrollieren, und das mußte in peinlicher Form geschehen. Würde in irgendeinem Gefrierraum, in dem Ware eingelagert ist, durch irgendeinen Umstand plötzlich für einige Zeit eine wesentlich erhöhte Temperatur eintreten, dann könnten große Schäden entstehen, für die dann vielleicht das Kühlhaus haftbar gemacht werden könnte.
2010... Gegen den Widerstand von örtlichen Initiativen und Verbänden, der Fraktion der Grünen von Berlin-Kreuzberg/Friedrichshain und Berlin-Mitte, der Stadtbaudirektorin Regula Lüscher, der Vorsitzenden des Ausschusses für kulturelle Angelegenheiten im Berliner Abgeordnetenhaus , Alice Stöver, aber auch bundesweit aggierender Verbände wie der Bundesstiftung Baukultur, dem Bund Deutscher Architekten, aber auch von Bundestagsabgeordneten von SPD und CDU, der Bundestagsfraktion der Grünen sowie dem stellvertretenden Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse beginnt die TLG Immobilien GmbH im Mai 2010 in der Köpenicker Straße mit dem Abriss der denkmalgeschützten bis Dato ältesten Kühlhäuser Europas, den ersten Kühlhäusern Berlins und damit mit der Zerstörung des Denkmalensembles.